Gefängnisinseln, Verbannungsorte und Quarantänestationen – schaurige Orte, die Sie besuchen können

Faszination Gefängnisinsel – Frankreichs weltberühmte Gefangene

In Südfrankreich gibt es zwei berühmte Gefängnisinseln, deren Geschichte viel zur schauerlichen Faszination um diese besonderen Orte beigetragen hat. Zum einen die Île Sainte-Marguerite in der Nähe von Cannes, wo der vielleicht geheimnisvollste Gefangene der Geschichte, der Mann mit der eisernen Maske, einige Zeit im Gefängnis Fort Royal verbrachte. Seine Geschichte wurde durch das Buch von Alexandre Dumas berühmt, ist aber im Kern real. Es ist bekannt, dass der Mann ein Staatsgefangener Ludwig XIV war, ansonsten ist seine Identität jedoch bis heute nicht geklärt. Aufgrund seiner Behandlung muss er ein hochrangiger Mann gewesen sein, dem in seiner Gefangenschaft sogar ein Diener zur Verfügung gestellt wurde. Die “eiserne” Maske war vermutlich eher eine dramatische Ausschmückung, in Wirklichkeit war sie wohl aus Samt. Es ist kaum verwunderlich, dass es bis heute eine Vielzahl an Spekulationen über den mysteriösen Gefangenen gibt.
Die zweite Gefängnisinsel ist die kleine Île d’If direkt vor Marseille, wo der andere berühmte Romanheld Dumas’, der Graf von Montecristo, einsaß. Während der Graf eine Kunstfigur ist, war das Gefängnis sehr real und beherbergte im Laufe der Jahrhunderte einige bekannte Persönlichkeiten der französischen Geschichte.
Beide Inseln können während eines Südfrankreich-Törns besucht werden, weitere Infos finden Sie unter https://www.chateau-if.fr/en und https://en.cannes-france.com/.
Dumas Bücher haben viel zur Faszination und Anziehungskraft beigetragen, die Gefängnisinseln bis heute auf uns haben und die sich in zahlreichen Büchern und Filmen wiederfindet, von “Flucht von Alcatraz” bis zu “Harry Potter” mit dem magischen Inselgefängnis Askaban.

Von Venedig bis Menorca – Inseln als Quarantänestationen

Auf einer kleinen Insel in der Lagune von Venedig wurde 1423 ein Pestkrankenhaus eröffnet. Auch bei den folgenden Pestausbrüchen wurden Kranke hier, außerhalb der Stadt, untergebracht. Die Insel wurde von den Venezianern umgangssprachlich “Lazzaretto” genannt und gab im folgenden dem Lazarett seinen Namen. Schon 1468 wurde auf einer größeren Laguneninsel dann die erste bekannte Quarantänestation für Seefahrer eingerichtet, um zu verhindern, dass ansteckende Krankheiten die Stadt überhaupt erst erreichten. Die Insel wurde Lazzaretto Nuovo genannt, die andere Insel hieß nun Lazzaretto Vecchio. Auch in Kroatien wurden auf den Inseln vor Cavtat schon zu dieser Zeit Quarantänestationen eingerichtet. In den nächsten Jahrhunderten entstanden sie auf vielen Inseln, in denen häufig auch Waren für 40 Tage gelagert werden mussten (ital. quaranta = vierzig), bevor sie in die Städte gebracht werden durften.
Wenn Sie heute mit dem Boot Menorcas Hauptstadt Mahón ansteuern, passieren Sie am Eingang des langen Naturhafens die beiden Inseln Illa de la Quarentena und Illa del Llatzeret. Erstere wurde seit dem Mittelalter genutzt und dann ab 1793 durch den Bau eines großen Lazaretts auf der Nachbarinsel abgelöst. Mehr als 10000 Schiffe und deren Besatzungen wurden hier im Laufe der Zeit begutachtet und in verschiedene Gefahrenklassen eingeteilt. Häufig wurden jedoch nur die Waren an Land zwischengelagert, während die Besatzung an Bord der Schiffe blieb und dort die verordnete Quarantänezeit abwartete. Die architektonisch beeindruckende Anlage kann heute im Rahmen von Führungen besucht werden: https://www.menorca.es/de/LZ_Visites_guiades_Llatzeret/17395 

Gefängnisinsel Långholmen in Stockholm – Übernachtung mit Gruselfaktor

Die Insel Långholmen liegt mitten im Zentrum Stockholms. Bereits Anfang des 18. Jh. wurde hier ein Arbeitshaus für Frauen errichtet und im Laufe der Zeit immer wieder erweitert. In den 1870er Jahren entstand dann ein großes neues Zentralgefängnis für Männer, das spätere Hauptgefängnis Schwedens mit zeitweise über 600 Insassen. Hier saßen eine ganze Reihe bekannter Häftlinge ein, darunter z.B. 1940-1944 der deutsche Widerstandskämpfer Arno Behrisch. Er hatte als Angehöriger der britischen Geheimdienstgruppe Rickmann-Liga versucht, schwedische Erztransporte nach Deutschland zu verhindern. Das Eisenerz war ein wesentlicher Rohstoff für die militärische Aufrüstung im rohstoffarmen Deutschland. Sein Zellengenosse war der spätere SPD-Politiker Herbert Wehner, der 1941 aus dem russischen Exil nach Schweden kam. 1942 wurde er wegen Spionage verhaftet und blieb bis zum Kriegsende in Långholmen.
Als das Gefängnis 1975 geschlossen wurde, stellte sich die Frage nach Abriss oder Weiternutzung. Ein Teil der historischen Gebäude wurde erhalten und zu einem Hotel umgebaut, in dem man heute eine schauerliche, aber bequeme Nacht in der Zelle verbringen kann. Ein Abstecher nach Långholmen lohnt sich aber auch für einen Spaziergang durch die herrlichen grünen Parkanlagen und einen Besuch des Gefängnismuseums. Nähere Infos unter https://langholmen.com/en/ .

Die Île d’Yeu – Verbannungsort für den Staatschef des Vichy-Regimes

Inseln wurden schon seit der Antike als Verbannungsorte genutzt. Jeder denkt wohl sofort an Napoleon Bonaparte, den das Schicksal gleich zweimal traf: 1814 wurde er zunächst nach Elba ins Exil geschickt, 1815 dann nach St. Helena. Er war jedoch nicht das letzte französische Staatsoberhaupt, das man auf diese Art elegant loswerden wollte. Als 1945 das Vichy-Regime endete, wurde dem Staatschef Philippe Pétain nur drei Monate später der Prozess gemacht. Seine letzten Jahre verbrachte er dann auf der Île d’Yeu vor der Westküste Frankreichs.
Pétain war als gefeierter Nationalheld aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangen und eigentlich längst im Rentenalter, als er 1940 zur Stärkung der allgemeinen Moral in die Regierung berufen wurde. Was als Symbolpolitik begann, endete nach dem Rücktritt des Premierministers mit Pétain an der Spitze des autoritären Vichy-Regimes, das mit den deutschen Besatzern kollaborierte. Sein Ansehen steigerte sich in Teilen der Bevölkerung zu einem regelrechten Personenkult. Das machte den Prozess nach Kriegsende heikel. Zwar endete er eindeutig in einem Todesurteil wegen Hochverrats, wurde aber sofort in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt. Der 89 jährige wurde auf die Île d’Yeu geschickt, um eine weitere gesellschaftliche Spaltung zu verhindern. Hier saß er als einziger Gefangener in der Zitadelle in Haft, die heute besichtigt werden kann. Sie wurde in ihrer ursprünglichen Form übrigens von Napoleon in Auftrag gegeben.
Segler können die schöne Île d’Yeu von La Rochelle oder von den Stützpunkten in der Bretagne aus besuchen: https://www.yeu-island.com/

Santo Stefano/Pontinische Inseln – wahr gewordenes Panopticon

Auf der kleinen Insel Santo Stefano entstand eines der ersten Gefängnisse, das nach den Prinzipien des Panopticons des englischen Philosophen Jeremy Bentham errichtet wurde. Kern der Idee ist die Möglichkeit ständiger Überwachung von einem zentralen Punkt aus, die bei den Gefangenen zu konformem Verhalten führen soll. Als König Ferdinand IV den Bau in Auftrag gab, war das Konzept gerade im Zeitgeist angekommen. Konkret entwickelte der Ingenieur Francesco Carpi ein hufeisenförmiges Gebäude mit 99 Gefängniszellen. 1797 wurde es fertiggestellt. Anders als es Benthams Panoptikum vorsah, waren auf Santo Stefano die Wachtürme seitlich im Inneren des Hufeisens angebracht. Im Zentrum stand stattdessen eine kleine Kapelle. Humaner ging es deswegen nicht zu, das Gefängnis galt als brutaler Ort. Die Zellen waren auf drei Stockwerken errichtet, die Hölle, Fegefeuer und Paradies genannt wurden. Im “Paradies” konnte der Insasse durch kleine Sehschlitze den Himmel sehen. Das Meer konnte ursprünglich keiner der Häftlinge sehen, die häufig aus politischen Gründen einsaßen.
Das Panopticon wurde später zum Symbol für Massenüberwachung und soziale Kontrolle.
Die aktuell laufenden Sanierungsarbeiten auf Santo Stefano sollen noch einige Jahre andauern, jedoch soll ein Besuch vermutlich schon ab 2026 wieder möglich werden. Vom Meer aus ist das Gebäude ohnehin jederzeit zu sehen.

Quellen:

G. Thielmann – stock.adobe , Christo – stock.adobe, D_e_r_i_c – stock.adobe, stebat64 – stock.adobe, Tolo – stock.adobe

 

 

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